Erbpacht bzw. Erbbaurecht beim Hauskauf – Alles was du wissen musst!

Du bist auf der Suche nach der geeigneten Immobilie und stößt dabei auf den Begriff „Erbpacht“ oder „Erbbaurecht“. Was es damit auf sich hat und wie wir damit umgegangen sind, erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Zunächst einmal eine Erleichterung zur Begriffsabgrenzung: „Erbpacht“ bzw. „Erbbaurecht“ meinen ein und dasselbe und werden synonym verwendet. Heutzutage ist der Begriff „Erbbaurecht“ gebräuchlicher. In meinem Beitrag verwende ich beide Begriffe synonym.

Was ist überhaupt „Erbpacht“?

Erbpacht bedeutet, dass du ein Grundstück über einen genau festgelegten Zeitraum nutzen darfst. Der Zeitraum der Erbpacht liegt meistens zwischen 50 und 99 Jahren. Als Gegenzug für die Nutzung zahlst du monatlich oder jährlich den Erbbauzins. Die Erbpacht-Laufzeit und der Erbbauzins werden im Erbbauvertrag geregelt.

Durch das Recht der Grundstücksnutzung kannst du eine Immobilie auf dem Grundstück errichten, obwohl das Grundstück jemand anderem gehört. Über dieses Recht wird ein Erbbauvertrag vereinbart, in dem auch der Erbbauzins festgelegt wird, der für die gesamte Laufzeit des Vertrages (z. B. monatlich, jährlich) zu entrichten ist.

Warum gibt es „Erbpacht“?

In Deutschland ist die Erbpacht heute bereits abgeschafft. Trotzdem besteht für viele Grundstücke noch die Erbpacht. Damals – Anfang des wurde sie eingeführt, um auch einkommensschwacheren Familien den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Der Haken dabei: du erwirbst nicht das Grundstück, sondern nur das Haus auf dem Grundstück. Somit gehört dir nur das Haus, aber nicht das Grundstück!

Wovon hängt die Entscheidung ab, ein Grundstück mit Erbpacht zu kaufen?

Im Vordergrund stehen aus meiner Sichtweise ganz klar folgende Kriterien:

  1. Ist der Kaufpreis des Hauses (OHNE Grundstück!) angemessen?
  2. Wie hoch sind die Erbbauzinsen?
  3. Zu welchem Zeitpunkt läuft die Erbpachtlaufzeit aus?
  4. Besteht die Möglichkeit, das Grundstück vom Erbbaurechtgeber zu kaufen?

1. Ist der Kaufpreis des Hauses (OHNE Grundstück!) angemessen?

Grundstücke (mit oder ohne Immobilie) die mit Erbpacht belastet sind, lassen sich aufgrund der genannten Nachteile schlechter verkaufen. Du musst dir im Klaren darüber werden, ob der Kaufpreis der Immobilie gerechtfertigt ist. Dabei können auch emotionale Faktoren eine Rolle spielen, wie bei mir z. B. die räumliche Nähe zu meiner Familie.

2. Wie hoch sind die Erbbauzinsen?

Ist der Erbpachtvertrag noch in seiner ursprünglichen Form erhalten, d. h. die Laufzeit wurde im Zeitverlauf noch nicht verlängert, oder wurde bereits eine Verlängerung ausgehandelt? Im 1. Fall fallen die monatlich oder jährlich zu zahlenden Erbpachtzinsen höchst wahrscheinlich sehr gering aus. Im Zeitverlauf kann es zu Anpassungen der Erbpachtzinsen in Anlehnung an die Entwicklung des Verbraucherpreisindex kommen. Die Erhöhungen sind überschaubar. I. d. R. enthält der Erbpachtvertrag eine Anpassungsklausel, in der diese möglichen Erhöhungen im Zeitverlauf vermerkt sind.

Fiktives Beispiel zu Erbpachtzinsen:

Alter Erbpachtvertrag (Restlaufzeit 30/99 Jahre), Erbpachtzinsen 370 EUR p. a.

Verlängerter Erbpachtvertrag (Neuverhandlung Laufzeit auf 50 Jahre), Erbpachtzinsen: 700 EUR p. a. (190 %-ige Erhöhung)

Verlängerter Erbpachtvertrag (Neuverhandlung Laufzeit auf 99 Jahre), Erbpachtzinsen: 1.750 EUR p. a. (470 %-ige Erhöhung)

3. Zu welchem Zeitpunkt läuft die Erbpachtlaufzeit aus?

Stichwort „Verlängerung“: Prüf unbedingt, wie lange der Erbpachtvertrag noch läuft. Je niedriger die Restlaufzeit ausfällt, desto schwieriger wird der Verkauf des Hauses auf dem Erbpachtgrundstück (Verhandlungskriterium beim Kauf). Außerdem steht dir bei niedriger Restlaufzeit eine baldige Erbpachtvertragsverlängerung vor – was nicht unbedingt zu deinem Vorteil ist. Neben der Verlängerung bei Laufzeitablauf ist es darüber hinaus auch jederzeit möglich, die Laufzeit bzw. den Erbpachtvertrag neu auszuhandeln, um so z. B. die Laufzeit hochzusetzen. In beiden Fällen werden sich im Rahmen dieser Neubewertung des Grundstücks die Konditionen im Neuvertrag jedoch deutlich zum Nachteil des Altvertrages verändern. Die Erbpachtzinsen werden neu festgelegt (erhöht) – NACHTEIL! Mögliche Rechte wie das Vorkaufsrecht könnten durch einen Neuvertrag erlöschen – NACHTEIL!

Stichwort „Kauf“: Besteht gemäß dem Erbpachtvertrag die Möglichkeit, das Grundstück nach Laufzeitende zu kaufen (sogenanntes Vorkaufsrecht)? Wenn du beabsichtigst, das Grundstück zu erwerben, solltest du den Erbpachtvertag auf das Vorkaufsrecht prüfen.

4. Besteht die Möglichkeit, das Grundstück vom Erbbaurechtgeber zu kaufen?

Meist sind öffentliche Kommunen, Kirchen oder Verbände die Eigentümer der Erbpachtgrundstücke bzw. Erbpachtgeber. Wenn dem so ist, steht Erbpachtvertragsverlängerungen bei Laufzeitende nichts im Wege – bis auf die Verschlechterung der Neukonditionen, die sich aus der Neubewertung des Grundstücks ergeben. Normalerweise gibt es immer einen Ansprechpartner, der dir Auskunft zu der bestehenden Erbpacht geben kann. So kannst du bei dem Erbpachtgeber auch anfragen, ob die Möglichkeit des Grundstückskaufs besteht (vor Ablauf der Erbpachtlaufzeit).

5. Wie sieht es mit Grunderwerbsteuer bei Erbpacht aus?

Die Grunderwerbsteuer wird normalerweise mit dem aktuellen Steuersatz für Grunderwerb auf den notariell beglaubigten Kaufpreis im Kaufvertrag aufgeschlagen. Der Steuersatz fällt je nach Bundesland unterschiedlich aus und kann zwischen 3,5 % und 6,5 % liegen (Stand: 11.01.2021). Mit dem Immobilienkauf geht auch das Eigentumsrecht auf den Käufer über.

Anders verhält es sich bei einem mit Erbpacht belasteten Grundstück. Der Erbbauberechtigte (Käufer) kann das Grundstück gegen den festgelegten monatlichen Erbbauzins nutzen – erwirbt jedoch keine Eigentumsrechte. Da der Käufer das Grundstück jedoch nutzen kann, ist auch Grunderwerbsteuer fällig – diese wird allerdings anders ermittelt und fällt deutlich geringer aus.

Ermittlung der Grunderwerbsteuer bei Erbpacht:

1) Ermittlung der Erbbauzinsen pro Jahr, z. B. monatlich 125 EUR – jährlich in Summe 1.500 EUR.

2) Ermittlung der restlichen Erbpachtlaufzeit, in diesem Fall läuft der Erbpachtvertrag noch 30 Jahre.

3) Der jährliche Erbbauzins i. H. v. 1.500 EUR wird mit dem sogenannten „Vervielfältiger“ (Kapitalwert) multipliziert, der in einem Gesetz verankert ist und sich nach der restlichen Erbpachtlaufzeit – in unserem Fall 30 Jahre – richtet. Hieraus ergibt sich die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer:

1.500 EUR * 14,933 = 22.400 EUR

Nachfolgend der Link zu dem Gesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/bewg/anlage_9a.html

4) Der gewöhnliche Grunderwerbsteuersatz (je nach Bundesland) wird auf die Bemessungsgrundlage angewendet und ergibt die Steuerbelastung. In NRW gilt derzeit ein Steuersatz i. H. v. 6,5 %. Es ergibt sich eine zu zahlende Grunderwerbsteuer i. H. v. 1.456 EUR.

22.400 EUR * 6,5 % = 1.456 EUR

6. Wie sieht es mit der Grundsteuer bei Erbpacht aus?

Unsere Situation – unsere Entscheidung

Ich bin ein großer Familienmensch und plante daher in der Nähe meiner Familie wohnen zu bleiben. Zufällig wurde das Haus gegenüber meines Elternhauses zum Verkauf angeboten – jedoch mit Erbbaurecht belastet. Bevor wir uns ausgiebig mit dem Thema Erbpacht beschäftigten, schauten wir uns die Immobilie auf dem Grundstück an. Und was soll ich sagen? Das hat uns schon etwas geblendet. Sobald du beim Besichtigen anfängst dein zukünftiges Leben in diesem Haus zu planen „Dieser Raum hier könnte mein Ankleidezimmer werden“ und „Hier kann ich mir gut unsere Sofaecke vorstellen“, hast du bereits eine emotionale Bindung aufgebaut. Möglich, dass du die Nachteile der Erbpacht etwas abtust und in den Hintergrund stellst „Ach, Erbpacht ist doch gar nicht so schlimm“. Nein, ist sie auch nicht unbedingt – dennoch solltest du dir der o. g. Nachteile bewusst sein.

Wir haben uns nach der Besichtigung tiefer mit dem Thema Erbpacht beschäftigt und uns eine Kopie des Erbbaurechtvertrages vom Hausverkäufer besorgt. Anhand des Vertrags mussten wir eine Entscheidung treffen:

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Neuverhandlung der Erbpachtlaufzeit oder Auslauf Altvertrag?

Da die Laufzeit des Originalvertrages noch 33/99 Jahre beträgt und wir jährlich Erbpachtzinsen im niedrigen dreistelligen Bereich p. a. zahlen müssen, haben wir uns entschieden den Altvertrag wie gehabt weiterlaufen zu lassen. Wir haben von einer Neuaufsetzung der Laufzeit für 50 bzw. 99 Jahre abgesehen, da in diesen Fällen die Erbpachtzinsen (aufgrund der Neubewertung des Grundstücks) auf einen Schlag um 250 % bzw. 500 % p. a. ansteigen würden.

Da in unserem Vertrag eine „Vorkaufsrecht“-Klausel eingebunden ist, steht uns die Möglichkeit offen das Grundstück nach Ablauf der Laufzeit zu kaufen. Dies ist der zweite Grund, wieso wir uns gegen eine Neuaufsetzung der Laufzeit auf 50 bzw. 99 Jahre entschieden haben. Nach Anfrage bei dem Erbpachtgeber besteht derzeit nicht die Möglichkeit, dass Grundstück vor Laufzeitablauf zu kaufen. Jedoch wurde uns nahe gelegt, im Zeitverlauf weitere Kaufanfragen zu stellen.

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